Sehr oft hören wir als Trainer und Coaches Führungskräfte sich auslassen darüber, dass ihre Mitarbeiter es sich in ihrem Arbeitsumfeld sehr bequem eingerichtet hätten und sie müssten jetzt endlich: „Raus aus der Komfortzone!“
Lassen Sie uns an dieser Stelle gar nicht die komplizierte Kommunikation betrachten, die signalisiert, dass bisher von den Mitarbeitern nicht die Leistung erbracht wurde, die man von ihnen erwarten könne. Lassen Sie uns einfach auf die Wirkung einer solchen Botschaft im Gehirn schauen, die vom Gehirn in aller Regel definiert als „Gefahr“ und „Stress“. Kommt diese Botschaft beim Gehirn an – unabhängig davon, ob die Botschaft so gemeint war – kommt es umgehend zur Ausschüttung von Botenstoffen wie Adrenalin und Noradrenalin, die innerhalb von Sekunden wirken und zur Ausschüttung von Cortisol.
Adrenalin erhöht den Blutdruck und die Pulsfrequenz, sorgt für erhöhte Sauerstoffzufuhr, vermindert die Darmtätigkeit und schafft so die Grundlage dafür, genügend Energie und Sauerstoff für eine „Flucht oder Kampf Reaktion“ zur Verfügung zu stellen. Diese vereinfachte Darstellung ist im wirklichen Leben erheblich komplexer, aber es mag ausreichen um festzuhalten: wenn das Gehirn eine Botschaft als Gefahr erkennt, setzt es biologische Reaktionsmuster in Gang, die evolutionär auf drei Verhaltensweisen reduziert sind: flüchten, tot stellen, kämpfen.
Diese Reaktionsmuster erlauben keinerlei kreative Lösung, kein konstruktives Umgehen mit der Fragestellung, keinen Raum für innovative Lösungsansätze.
Ein „klassisches“ Beispiel aus dem Führungsalltag:
die Führungskraft konfrontiert den Mitarbeiter „Tacheles redend“ mit der fehlenden Zielerreichung.
Im Gehirn des Mitarbeiters entsteht der dringende Wunsch, die Führungskraft „aus dem Weg zu räumen“, oder sich der Situation zu entziehen. Da beide Verhaltensweisen in der Praxis nicht so ohne weiteres durchzuführen sind, läuft es häufig genug darauf hinaus, dass der Mitarbeiter in einer Mischung aus tot stellen und fliehen, Ausreden suchend versucht, die Situation zu überstehen. Häufig genug erliegt die Führungskraft dem Wunsch, nach den Gründen für die fehlende Zielerreichung zu fragen, was den Mitarbeiter dann in die Lage versetzt, so viele Ausreden und Rechtfertigungen zu erfinden, bis die Führungskraft ein oder zwei davon zu akzeptieren bereit ist.
Nebenher bemerkt: dass damit nur Erklärungen für das Nichterreichen des Ziels gefunden werden, nicht aber Ansätze, wie Ziele zu erreichen seien ist ein hübsches Beispiel dafür, dass die versuchte Problemlösung, die gewünschte Veränderung an der falschen Stelle stattfindet..
Albert Einstein: „Probleme können nicht auf derselben Ebene des Denkens gelöst werden, auf der wir sie geschaffen haben.“
werden im Gehirn als „Gefahr“ und als „Stress“ empfunden und lösen die oben beschriebenen Reaktionsweisen aus.
Dazu kommt, das insbesondere langjährige Mitarbeiter bereits eine Vielzahl von Ankündigungen über Veränderungen erlebt haben (die sich nicht alle im Nachhinein als positiv erwiesen haben), und deshalb häufig als “rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ distanziert beobachtet werden.
Allein der Gebrauch des Begriffs „Change Management“ löst heute bei vielen Mitarbeitern Ängste und Unsicherheiten aus. Der Begriff wird häufig assoziiert mit bedrohlichen Entwicklungen, mit Gefahr für Arbeitsplatz, mit Verlust von Autonomie und respektvollem Umgang miteinander.
Offenheit für Veränderungsprozesse kann deutlich erhöht werden, wenn das „SCARF – Modell“ und Kommunikationsmöglichkeiten angelehnt an die „ECO – Route“ genutzt werden.
So bleibt das Gehirn deutlich offener bei positiven Formulierungen von Veränderungsprozessen als beispielsweise: Entwicklung, Anpassung, Wachsen, Lernen.
Bedrohliches Potenzial wird ebenfalls aufgebaut, wenn die Begründungen für die anstehende Veränderung als von außen kommend, und daher kaum beeinflussbar dargestellt wird.
Beispiele:
Solche Kommunikationen über Veränderungsprozesse haben zusätzlich noch den Nachteil, dass die Verantwortung für den Prozess scheinbar abgegeben wird und berechtigte Fragen auftauchen, warum Management nicht schon früher Aktionen in Gang gebracht hat.
Deutlich offener sind Mitarbeiter für das konstruktive gestalten von Veränderungsprozessen dann, wenn der Hintergrund für die Veränderung nicht von außen kommt, sondern der Aufrechterhaltung der inneren und akzeptierten Werte der Organisation dient. Wenn es also gilt, die gemeinsam erarbeitete Vision zu stärken, wenn es darum geht,“ unsere Werte und Überzeugungen, also das, was uns stark gemacht hat am Markt auch für die nächsten Jahre verlässlich zu positionieren….“, kurz: wenn es also darum geht, unsere Organisation zu stärken und zu entwickeln, wird in aller Regel eine größere Offenheit für den Veränderungsprozess erreicht werden können.
Das setzt natürlich voraus, dass der Veränderungsprozess in der Tat positive Optionen für die Organisation enthält. Insbesondere lange gediente, erfahrene und am Wohlergehen des Unternehmens interessierte Mitarbeiter haben ein feines Gespür dafür, welche Ziele letztlich mit dem Umstrukturierungsprozess oder der Veränderung verfolgt werden.
Neun Gründe, warum Menschen sich gegen Veränderungen wehren
Sechs Gründe warum Menschen Veränderung unterstützen
Hill, L. A. (2009). Managing change: Pocket mentor. Boston, MA: Harvard Business School Publishing