Veränderungen und Change Prozesse neu denken und gestalten

Verständnisse und Missverständnisse über Veränderung

   

“Die Veränderung hat keine Anhänger. Die Menschen hängen am Status quo. Man muss auf massiven Widerstand vorbereitet sein.” Dieses Zitat wird Jack Welch zugeschrieben, 20 Jahre lang CEO von General Electric. Ist das wirklich so? Ist es wirklich so, dass Menschen am „Status quo“ hängen? Natürlich kommt es häufig vor, dass man einen erreichten Zustand ungern aufgeben mag, ohne zu wissen, was man dafür bekommt. Was aber ist mit persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung, was mit Berufswahl, eine Familie gründen, in eine andere Stadt/Land gehen, was ist mit Neugier, Kreativität, Gestalten, Erfinden - da sind ja offensichtlich völlig andere Mechanismen am Werk. Menschen neigen dazu, den negativen Seiten größeren Raum zu geben. Aber was bedeutet es, wenn man denkt, Menschen wären nicht offen für Veränderungen. Was bedeutet es, und welche Wirkung kann es haben, wenn man sich auf massiven Widerstand vorbereitet?
Was, wenn Epiktet recht hat mit seinem Satz: „Es sind nicht die Tatsachen, die uns beunruhigen, sondern unsere Meinungen über die Tatsachen“? Könnte es dann hilfreich sein, sich nicht zu aller erst auf Widerstand vorzubereiten, sondern das eigene Denken zu Veränderungen und Change Prozessen zu überprüfen? Die Welt von Wandel und Veränderungen ist offenbar so viel bunter und vielfältiger, als es uns eindimensionale Annahmen erscheinen lassen. Und damit können auch unsere Handlungsalternativen so viel bunter und vielfältiger daherkommen, als sich nur auf Widerstand vorzubereiten.

Zitate zu Veränderung

Heraklit: "Nichts ist so beständig wie der Wandel."
Epikitet: "Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern unsere Meinungen von den Dingen."
Abraham Lincoln : " Wenn Du tust, was Du immer getan hast, wirst Du bekommen, was Du immer bekommen hast!"
Charles Darwin: "Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann."
Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen Sprichwort China
Mahatma Gandhi : "Wir müssen der Wandel sein, den wir in der Welt zu sehen wünschen."
Martin Luther King: In Zeiten raschen Wandels können Erfahrungen Dein schlimmster Feind sein
"Je mehr es sich verändert, desto mehr bleibt es das Gleiche." Sprichwort - Frankreich
Margret Mead: „Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann - tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde.“
„Menschen wehren sich nicht gegen Veränderung, sondern dagegen, verändert zu werden.“ Peter Senge

Warum es meistens besser ist, die Komfortzone zu erweitern, als sie verlassen zu müssen

 

Sehr oft hören wir als Trainer und Coaches Führungskräfte sich auslassen darüber, dass ihre Mitarbeiter es sich in ihrem Arbeitsumfeld sehr bequem eingerichtet hätten und sie müssten jetzt endlich: „Raus aus der Komfortzone!“

Lassen Sie uns an dieser Stelle gar nicht die komplizierte Kommunikation betrachten, die signalisiert, dass bisher von den Mitarbeitern nicht die Leistung erbracht wurde, die man von ihnen erwarten könne. Lassen Sie uns einfach auf die Wirkung einer solchen Botschaft im Gehirn schauen, die vom Gehirn in aller Regel definiert als „Gefahr“ und „Stress“. Kommt diese Botschaft beim Gehirn an – unabhängig davon, ob  die Botschaft so gemeint war – kommt es umgehend zur Ausschüttung von Botenstoffen wie Adrenalin und Noradrenalin, die innerhalb von Sekunden wirken und zur Ausschüttung von Cortisol.

Adrenalin erhöht den Blutdruck und die Pulsfrequenz, sorgt für erhöhte Sauerstoffzufuhr, vermindert die Darmtätigkeit und schafft so die Grundlage dafür, genügend Energie und Sauerstoff für eine „Flucht oder Kampf Reaktion“ zur Verfügung zu stellen. Diese vereinfachte Darstellung ist im wirklichen Leben erheblich komplexer, aber es mag ausreichen um festzuhalten: wenn das Gehirn eine Botschaft als Gefahr erkennt, setzt es biologische Reaktionsmuster in Gang, die evolutionär auf drei Verhaltensweisen reduziert sind: flüchten, tot stellen, kämpfen.

Diese Reaktionsmuster erlauben keinerlei kreative Lösung, kein konstruktives Umgehen mit der Fragestellung, keinen Raum für innovative Lösungsansätze.

Ein „klassisches“ Beispiel aus dem Führungsalltag:

die Führungskraft konfrontiert den Mitarbeiter „Tacheles redend“ mit der fehlenden Zielerreichung.

Im Gehirn des Mitarbeiters entsteht der dringende Wunsch, die Führungskraft „aus dem Weg zu räumen“, oder sich der Situation zu entziehen. Da beide Verhaltensweisen in der Praxis nicht so ohne weiteres durchzuführen sind, läuft es häufig genug darauf hinaus, dass der Mitarbeiter in einer Mischung aus tot stellen und fliehen, Ausreden suchend versucht, die Situation zu überstehen. Häufig genug erliegt die Führungskraft dem Wunsch, nach den Gründen für die fehlende Zielerreichung zu fragen, was den Mitarbeiter dann in die Lage versetzt, so viele Ausreden und Rechtfertigungen zu erfinden, bis die Führungskraft ein oder zwei davon zu akzeptieren bereit ist.

Nebenher bemerkt: dass damit nur Erklärungen für das Nichterreichen des Ziels gefunden werden, nicht aber  Ansätze, wie Ziele zu erreichen seien ist ein hübsches Beispiel dafür, dass die versuchte Problemlösung, die gewünschte Veränderung an der falschen Stelle stattfindet..                               

Albert Einstein: „Probleme können nicht auf derselben Ebene des Denkens gelöst werden, auf der wir sie geschaffen haben.“

Der Ton macht die Musik

  • Widerstand gegen Veränderung hat entscheidend mit der erlebten Kompetenz  zu tun, die Veränderung positiv verarbeiten und gestalten zu können. Gerade deshalb kommt es entscheidend auf den Ton und den Stil der Unternehmenskommunikation an. Formulierungen wie:           
  • „alles muss auf den Prüfstand…“
  • „wir werden jeden Stein umdrehen…“
  • „wer nicht mitzieht, hat im zukünftigen Unternehmen nichts verloren…“

 

werden im Gehirn als „Gefahr“ und als „Stress“ empfunden und lösen die oben beschriebenen Reaktionsweisen aus.

Dazu kommt, das insbesondere langjährige Mitarbeiter bereits eine Vielzahl von Ankündigungen über Veränderungen erlebt haben (die sich nicht alle im Nachhinein als positiv erwiesen haben), und deshalb häufig als “rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“ distanziert beobachtet werden.

Allein der Gebrauch des Begriffs „Change Management“ löst heute bei vielen Mitarbeitern Ängste und Unsicherheiten aus. Der Begriff wird häufig assoziiert mit bedrohlichen Entwicklungen, mit Gefahr für Arbeitsplatz, mit Verlust von Autonomie und respektvollem Umgang miteinander.

Offenheit für Veränderungsprozesse kann deutlich erhöht werden, wenn das „SCARF – Modell“ und Kommunikationsmöglichkeiten angelehnt an die „ECO – Route“ genutzt werden.

So bleibt das Gehirn deutlich offener bei positiven Formulierungen von Veränderungsprozessen als beispielsweise: Entwicklung, Anpassung, Wachsen, Lernen.

Bedrohliches Potenzial wird ebenfalls aufgebaut, wenn die Begründungen für die anstehende Veränderung als von außen kommend, und daher kaum beeinflussbar dargestellt wird.

Beispiele:                                                         

  • „Die Zentrale erwartet von uns, dass wir bis…“
  • „Die Innovationsgeschwindigkeit in unserer Branche zwingt uns zu…“
  • „Um unsere Kostenstruktur in den Griff zu bekommen, müssen wir…“

Solche Kommunikationen über Veränderungsprozesse haben zusätzlich noch den Nachteil, dass die Verantwortung für den Prozess scheinbar abgegeben wird und berechtigte Fragen auftauchen, warum Management nicht schon früher Aktionen in Gang gebracht hat.

Deutlich offener sind Mitarbeiter für das konstruktive gestalten von Veränderungsprozessen dann, wenn der Hintergrund für die Veränderung nicht von außen kommt, sondern der Aufrechterhaltung der inneren und akzeptierten Werte der Organisation dient. Wenn es also gilt, die gemeinsam erarbeitete Vision zu stärken, wenn es darum geht,“ unsere Werte und Überzeugungen, also das, was uns stark gemacht hat am Markt auch für die nächsten Jahre verlässlich zu positionieren….“, kurz: wenn es also darum geht, unsere Organisation zu stärken und zu entwickeln, wird in aller Regel eine größere Offenheit für den Veränderungsprozess erreicht werden können.

 

Das setzt natürlich voraus, dass der Veränderungsprozess in der Tat positive Optionen für die Organisation enthält. Insbesondere lange gediente, erfahrene und am Wohlergehen des Unternehmens interessierte Mitarbeiter haben ein feines Gespür dafür, welche Ziele letztlich mit dem Umstrukturierungsprozess oder der Veränderung verfolgt werden.

Neun Gründe, warum Menschen sich gegen Veränderungen wehren

 

  • sie glauben, die Veränderung ist unnötig oder sie wird Dinge schlechter machen
  • sie trauen den Menschen nicht, die die Veränderung initiieren
  • sie sind nicht einverstanden mit der Art, wie die Veränderung angekündigt wird
  • sie Vertrauen nicht darauf dass die Veränderung erfolgreich sein wird
  • sie haben keine Information, sind nicht in Planung und Umsetzung der Veränderung einbezogen
  • sie haben das Gefühl, dass die Veränderung persönlichen Verlust an Sicherheit, Geld, Status, oder Freunden bedeutet
  • sie glauben an den bestehenden Status
  • sie haben bereits eine Menge von Veränderungsprozessen erlebt, und können mit weiteren Störungen nicht mehr umgehen
  • sie fürchten, nicht die Fähigkeiten zu haben, ihre Arbeit auf eine andere Art zu tun, wie es von der Veränderung verlangt wird.

Sechs Gründe warum Menschen Veränderung unterstützen

  • sie glauben, dass die Veränderung sinnvoll ist und richtig angegangen wird
  • sie respektieren die Menschen, die die Veränderung initiieren
  • sie nehmen an, dass die Veränderung neue Möglichkeiten und Herausforderungen bringt
  • sie werden in Planung und Umsetzung der Veränderung eingebunden
  • sie glauben, dass die Veränderung persönlichen Vorteil bringt
  • sie lieben und genießen das besondere an Veränderungen

 

Hill, L. A. (2009). Managing change: Pocket mentor. Boston, MA: Harvard Business School Publishing

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